10. Oktober / km 1325

10. Oktober / km 1325 / Palafrugell (E)

Hafenbucht von Collioure

Die unspektakuläre Einreise nach Spanien…

Frühstück mit Sonnenaufgang am Meer. Am Strand sind schon die frühen Jogger unterwegs, uns zieht es auch hinaus. Wir folgen den Serpentinen der wunderschönen Küste, die Ausläufer der Pyrenäen lassen grüßen, vor allem Berg runter machen sie ordentlich Spaß!

Frankreich entlässt uns unspektakulär. Keiner will unsere Pässe sehen, eine Scheibe der Douane ist schon längst gesplittert, hier ist keiner mehr. Adieu du schönes Frankreich mit allen deinen Ralentisseurs, wir werden Dich vermissen.

Espana empfängt uns mit 27 Grad und einer großen Baustelle, die Arbeiter grüßen freundlich. Das Land ist trocken und verbrannt, hier hat ein Feuer gewütet. Das ist das einzige, was spontan auffällt.

Wir machen einen kleinen Schlenker über Figueres – hier ist Dali zuhause gewesen und besichtigen das berühmte Museum. Doch wohin mit Gepäck und Fahrrad ? Diese Frage ist allerdings gar nicht so einfach … erst danach genießen wir den Besuch der heiligen Hallen.

Die spanischen Vögel sind äußerst unfotogen. Ewig sitzen sie in Reih und Glied auf den Stromleitungen doch sobald man stehen bleibt und die Kamera zückt, fliegen sie entsetzt davon…

Im Nieselregen erreichen wir unseren Ort für die Nacht und schlüpfen im einzigen Hostal unter. Von wegen: „die Sonne scheint bei Tag und Nacht …“

und draussen regnet es jetzt aus Kübeln …

9. Oktober / km 1195

9. Oktober / km 1195 / St. Cyprien Plage (F)

 

leider schon wieder eine Sackgasse…

Radweg ( Rüttelpassage) am Canal La Robine mit „Saltopuschel“

Morgens erregen wir beim Bepacken der Esel immer ein gewisses Aufsehen. Der heutige Kommentar: „une belle expedition“. Die „belle expedition“ steht heute auf experimentellem Fahren. „da könnte ein Weg sein… muss aber nicht“ so müssen wir oft umdrehen und woanders eine Straße suchen.

Die Expedition geht durchs Terroir de la Clape, Weinberge und Pinienwälder wechseln sich ab, den Geruch muss man tief einsaugen um ihn möglichst lange zu behalten. Zwei Wanderer erklären uns wie s weiter geht: tout droit bis Narbonne dann können wir ja noch mal fragen. Man unterhält sich noch kurz über s Wetter. Es ist einfach wunderbar sonnig, fast schon heiß. Rechts das Massif Central, vor uns die Pyrenäen, über beiden Bergketten hängen die Wolken. „Da regnet s“, sagen unsere beiden Wanderer.

Mittagspause in Pierre sur Mer. Wir sitzen in der „Rue de soif“ (vermutlich die Biermeile über Sommer) an einem vergessenen Tisch und schauen den Leuten beim Fische und Oliven kaufen zu. In der Nachsaison hat schon fast alles hier unten am Strand geschlossen.

Dann geht s raus, zwischen Kanälen und Seen entlang. Hier schaltet der Wind unseren Tacho regelrecht in den Schlafmodus. Wir sind im Zeitlupenraum gefangen und kämpfen im Zick zack voran. Ich beobachte Dieters Schatten der hart umgrenzt auf der Straße abgebildet ist, und sich im Gras als flattriges Gewusel fortsetzt.

Später ändert der Weg die Richtung, der Wind schiebt uns über unbefestigte Wege am leicht brackig riechenden „La Robinè“ Kanal entlang. So hoppeln wir durchs Land, immer gen Süden. Schiebt der Wind von hinten, schlägt mein Deutschland Puschel neben dem Lenker einen Salto nach dem anderen, als freue es sich auch über die Abwechslung.

Gelandet sind wir schließlich in St. Cyprien Plage. Heute schauen wir noch von Frankreich aus auf s Mittelmeer. Die dunklen Umrisse der Pyrenäen sind in greifbare Nähe gerückt.

8. Oktober / km 1071

8. Oktober / km 1071 / Villeneuve de Beziers

Das Marokkanische Sofa

Endlich am Meer…

Es ist ein gutes Gefühl, in eine fremde Stadt zu kommen, und zu wissen, dass man jemandem willkommen ist, erwartet wird. Jutta und „Herr Tom“ sind gestern noch unterwegs gewesen, die Nachbarin lies uns rein. In der wunderschönen, frisch bezogenen Wohnung durften wir die ersten Gäste sein. Wir hatten einen super netten Abend, haben viel gelacht, gut gegessen und feinen Rosé getrunken. Ben – gerade mal 14 Monate jung – hielt den ganzen Abend munter mit aus und seine Eltern stets auf Trab.

Wir durften auf dem „Marokkanischen Sofa“ übernachten, das eigentlich noch ein Indisches ist, aber ein Marokkanisches werden soll. Witziger weise wussten die beiden gar nicht, dass wir planen noch bis Marokko zu fahren, sie dachten Südfrankreich sei das ersehnte Ziel…

Heute Morgen hieß es dann schon wieder Abschied nehmen. Wir verlassen die Stadt, es geht wieder über Land,  Richtung Montpellier und weiter, immer weiter, bis wir Fisch und Salz schon riechen und dann wirklich bei Séte am Meer sind.

Ein Stückchen schaffen wir noch  – teils über dicke Strassen, teils über einen wunderschönen Radweg am Meer entlang – bis hierher nach Beziers. Hintern und Nacken tun weh, wir haben ein Häuschen für die Nacht gefunden und ruhen uns aus. Morgen ist auch noch ein Tag … oder sollten wir besser sagen: Morgen ist wieder ein Tag …

7. Oktober / km 934

7. Oktober / Km 934 / Nimes

Petra beim überqueren einer der vielen Rhonebrücken…

Blick auf Pont Saint Esprit beim vorbeifahren

Heute respektiert sogar der Wind den Sonntag und ärgert uns nicht. Die Reifen sind frisch aufgepumpt und es rollt wieder wie es soll. Eine der vielen Rhonebrücken führt uns ins Departement de l ´Ardeche. Die bleichen, steil abfallenden Felsen sind herrlich anzusehen. Eine riesige Engelsstatue oben auf der Spitze hält unsere Blicke so lange gefangen, bis wir beinahe im Graben landen.

Tricastin ist ein weiteres Atomkraftwerk in dessen Nähe wir vorbeikommen. An den Strommasten sind überall kleine Tafeln mit Fluchtwegen für den Notfall angebracht. Nicht gerade vertrauenserweckend. – das spielende Kind von gestern baut  – wie ich denke – ein Kartenhaus … Auch neben diesem AKW befinden sich mehrere stillstehende Windkrafträder. Das sind die einzigen die wir hier bewusst wahrgenommen haben. Dieter meint, das sind wohl eher die Notstromaggregate.

Ein Stück hinter Avignon sind etliche orangefarbene Punkte in den Feldern unterwegs. Man hört schon die Schüsse und beim Näherkommen erkennt man die Jäger, die die orangefarbenen Signalwesten und Mützen tragen. Große Vogeljagd ist angesagt. Ein Fasan flattert über die Straße und flüchtet sich in die Weinberge. Ich freue mich, den haben sie schon mal nicht erwischt.

6. Oktober / km 801

6. Oktober / km 801 / Montelimar (F)

unser Val du Rhone_Radweg

Atommeiler an der Rhone

Lange und gut haben wir geschlafen, gemütlich gefrühstückt. Beim Satteln des Gepäcks beobachtet „Monsieur Receptionist“ uns skeptisch. Ich sage zu ihm: „c´est dure la vacance“ … das scheint ihn zu versöhnen, er grinst in sich hinein.

Die Springprozession geht weiter. Wir hüpfen gen Montelimar, zwei vor eins zurück, folgen dem „V*R“- dem Radweg mit der Sonne. Die alten Backsteinhäuser verstecken sich zwischen den Weinbergen an den Hängen der Rhone, unsere Sitzposition schrumpft immer weiter in Richtung Lenker. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass das ganze Rhonetal den Kopf einzieht wenn der Mistral darüber hinwegfegt.

Wir geniessen ausgiebig die Sonne am Flussufer, knabbern Baguette, Käse und die letzten Äpfel aus Saarbrücken, dann wackeln wir weiter.

Boxenstopp an der Drome. Ein kleiner schwarzer Hund hat Gefallen an meinem Schraubverschluss der Trinkflasche gefunden und rückt ihn erst wieder heraus als sein Herrchen ihm Prügel androht.

Dann ein Vorgeschmack auf Marokko:  Etliche Kamele liegen neben der Strasse. Kurz danach entdecke ich auch das dazugehörige Zirkuszelt … okay die Sinne sind noch nicht gänzlich wirr.

Viele Geschwindigkeitskontrollen an den Straßen. Zwei Polizisten, die sich mit ihrem Radargerät hinter einer Platane verstecken, geben uns lächelnd und unmissverständlich zu verstehen, dass wir gerne noch einen Zahn zulegen dürfen. Gerade mal 17 km/h haben wir vorzuweisen, ruf der eine uns noch nach. Wir werden bei der nächsten Kontrolle alles geben!

Kurz vor Montelimar präsentiert sich ein bizzarres Bild: – kann das wirklich sein, dass die ein spielendes Kind auf den Atommeiler gemalt haben?

5. Oktober / km 684

5. Oktober / km 684 / Roussillon (F)

Pause in Neuville an der Saone

Blick auf Lyon von seiner besten Seite

Ein strahlend blauer Himmel empfängt uns heute Morgen. Die Wiesen glänzen vom Tau, der noch in den Gräsern hängt und in der Sonne glitzert. Relativ schwacher Wind – perfekt! Wir radeln den Vormittag fröhlich dahin, Mittagspause in Neuville sur Saone. Unser lecker Ziegenkäse ist von der Sonne schon so weich geworden, dass man ihn wie Nutella auf s Brot schmieren kann. – Der wird auch so leicht nicht weggeweht.

Direkt nach unserer Stärkung nehmen wir es mit dem Stadtverkehr von Lyon auf. Der Kreisverkehr war ja eine gute Erfindung, aber die grüne Welle ist hier unten noch nicht angekommen! Die Ampeln sind ziemlich lästig. Aber Lyon zeigt sich von seiner besten Seite. An der Rhone angekommen geht s am Fluss entlang: Die haben hier schon ihre „Stadtmitte am Fluss“ – jetzt nur noch die Autobahn schnell in einem Tunnel verstecken…

Dank Dieters guten Navigationsfähigkeiten kommen wir gut durch die Stadt und sind froh wieder kleinere Wege abseits, später auch wieder an der Rhone entlang, zu finden – die allerdings mit vielen Schikanen …

Auf unserer Sonnencreme- durchtränkten Haut sammeln sich alle Mücken die wir erwischen können. Schwarzgepunktet kommen wir hier in unserer Herberge an.

Es ist super schade dass wir unser geplantes Treffen am Mont Ventoux heute Abend mit Georg und der Klettertruppe nicht wahrmachen können. Da fehlen einfach noch viel zu viele km … wir wünschen Euch allen einen schönen letzten Abend und eine gute Heimreise. Dafür haben wir nun die Chance am Sonntag Abend Freunde in Nimes zu treffen, worauf wir uns auch sehr freuen.

4. Oktober / km 546

4. Oktober / km 546 / Macon (F)

Ankunft über die Saonebrücke in Macon

Schwarzpokühe

Frühstück im Café national, einer charmanten Hafenkneipe. Ein Stockwerk darüber haben wir übernachtet. Aus dem Lautsprecher erklingt Musik aus den 70ern, – Hammondorgel – passend zu den beiden Inhabern, die selbst bald gerne in Rente gehen würden  – „a vendre“ ist außen schon angeschrieben. Nur die Schäferhündin Gina ist jüngeren Datums.

Los geht s über die Saone Brücke, Richtung Chalon sur Saone. Der Wind ist heute noch um einiges stärker wie gestern. Man fühlt sich wie bei der „Springprozession“ von Echternach: zwei Schritte vor und einer zurück, Heiliger Willibrod erhöre uns, zwei Schritte vor und einer zurück …Mit fünfzehn km/h radeln wir über die Ebene, mehr geht nicht.

Mittagspause in Chalon, hier müssen wir alles festhalten sonst weht s uns den Käse vom Baguette herunter.

Am Nachmittag scheint uns Willibrod erhört zu haben, der Wind dreht auf die Seite und schwächt ab, „Heiliger Willibrod wir danken Dir!“ …  Über kleine Nebenstraßen, durch alte Dörfchen mit wohlklingenden Namen, vorbei an Kuhherden mit schwarzen Hinterteilen, durch Tournus mit seiner alten Abtei, radeln wir nach Macon, suchen uns ein Plätzchen für die Nacht, kochen auf dem Zimmer und lesen hinterher, dass das streng verboten ist.

3. Oktober / km 413

3. Oktober / km 413 / St. Jean sur Losne (F)

Dämmerung an der Saone

Frisch hinein in den Morgen. Die Nacht über hat es geregnet und auch das letzte Staubkorn aus der Luft gewaschen. Es riecht nach Gras und beginnendem Herbst. Die verbliebenen Wolken sind harmlos und bringen keinen Regen mehr.

Das Land wird offen und weit, Wellblechprofil. Der Wind findet an uns einsamen Radfahrern endlich etwas woran er sich abarbeiten kann. Mit einer erstaunlichen Ausdauer bläst er uns fröhlich ins Gesicht. In Gedanken mache ich unserer guten alten Erde den Vorschlag,  nach all den zig Millionen Jahren der Gleichförmigkeit mal einen Richtungswechsel zu wagen und sich anders herum zu drehen… vielleicht nur so lange bis zwei kleine Radfahrer auf ihrer Oberfläche bis Lissabon gekommen sind. Sie wird über meinen Vorschlag nur lachen, ich weiß.

Also kräftig rein treten und eine Rampe nach der anderen bezwingen. Aber worüber beschwere ich mich? Die Luft wird im Laufe des Tages merklich wärmer, die Straßenschilder lassen schon einen Hauch von Süden erahnen, die letzten 30 km waren sogar flach – nur der Wind, auf den ist auch in der Ebene Verlass.

Nun sitzen wir am Ufer der Saone, haben direkt am Fluss ein kleines Häuschen für die Nacht gefunden und schauen zu, wie es langsam dämmrig wird.

2. Oktober / km 293

2. Oktober / km 293 / Jussey (F)

An der Moselle l`est

Nach dem Frühstück erkundigt sich unser Herbergsvater, wo wir denn eigentlich hin wollen. Er ist selbst ein begeisterter Radfahrer und schaut etwas ungläubig drein, als wir von unserem Vorhaben berichten. Na ja weit sind wir ja noch nicht von zuhause weg, muss man noch nicht ernst nehmen…  Er wünscht uns bonne route und warnt vor dem Wind.

Wir verlassen Lunéville mit seiner schönen Altstadt, fahren hinaus ins hügelige Land. Die Bauern fahren ihre Heuballen spazieren, Kühe schauen hinter uns her. Die Wasserspeichertürme sind höher als manche Dorfkirche und irgendwo entdecken wir eine – Bananenpalme! Ups, wie kommt die denn hier her? Friert die nicht oder sind wir doch schon weit?

Teilweise finden wir wunderschöne Wege am Fluß entlang, die Moselle de l´est, begleitet uns eine Weile, der Canal des Vosges bleibt bis hierher ein treuer, wenn auch nicht immer greifbarer Begleiter.  Täglich entnehme ich zur Dokumentation aus den Flüssen Wasserproben ( keine weiteren Kommentare, das ist KUNST ) und werde von Passantinnen mit Dackel gefragt, wie es denn um die Wasserqualität bestellt ist. Das kann ich schlecht beantworten, der Optik nach zu schließen: trinkbar.

Heute Abend müssen wir nicht mehr im Kringel fahren, wir sind genau genommen in Jussey la Gare und das Hotel de la Gare winkt uns schon von weitem heran. Wir werden freundlich aufgenommen und lassen uns heute mal bekochen.

Es war ein wunderbarer Tag, das Wetter ist fantastisch, alles passt, die einzige Spaßbremse ist tatsächlich der Wind, der uns teilweise ganz schön zu schaffen macht. Aber wir sind ja gewarnt – „er kommt immer aus Südwest“ – da wollen wir hin – er wird uns so schnell nicht in den Rücken fallen – darauf können wir uns verlassen… und jetzt gibt s erst mal Futter!

 

1. Oktober / km 148

1. Oktober / km 148 / Lunéville (F)

Route barrée bei Zetting

Das große Abenteuer beginnt mit einem schrillen Wecker. Es ist halb sieben, Dieter geht noch zum Zahnarzt. Gestern Abend ist eine Brücke rausgebrochen, was unbedingt – zu mindest provisorisch – behandelt werden muss. Der Arzt erkennt den „Notfall“ und nimmt ihn schnell an die Reihe. Nun hoffen wir dass sich das Sprichwort bewahrheitet und nicht`s so lange hält wie ein Provisorium…

Wir sind schon unten in der Stadt als wir bemerken, dass ein Deutschland Puschel am Lenker fehlt. Die haben uns schon nach Palermo begleitet – und ohne Puschel? – das geht gar nicht. Also noch mal heim Puschel holen und dann geht s wirklich los.

Vor Zetting bis Wittring ist der Leinpfad gesperrt. Das zwingt uns, ein kleines Stück über die Straße zu fahren und den ersten „unfreiwilligen Anstieg“ zu meistern. Weiter bis Mittersheim und über den Damm zum Stockweiher. Rechts und links nichts wie Wasser, bei diesem Wetter ein Augenschmaus.

Später geht s über die Straße, wir freuen uns, doch noch recht früh in Lunéville einzulaufen. Das war bei km 133, die restlichen 15 sind wir nur im Kreis gefahren, auf der Suche nach einer Unterkunft…grrr.

Nun haben wir ein Dach überm Kopf und freies Internet.

Im Supermarkt lernen wir, dass Bitburger Bier in Schweden als „Starköl“ deklariert wird – wir lassen uns davon aber nicht abschrecken und kaufen es trotzdem … und siehe es schmeckt.