4. Oktober / km 546

4. Oktober / km 546 / Macon (F)

Ankunft über die Saonebrücke in Macon

Schwarzpokühe

Frühstück im Café national, einer charmanten Hafenkneipe. Ein Stockwerk darüber haben wir übernachtet. Aus dem Lautsprecher erklingt Musik aus den 70ern, – Hammondorgel – passend zu den beiden Inhabern, die selbst bald gerne in Rente gehen würden  – „a vendre“ ist außen schon angeschrieben. Nur die Schäferhündin Gina ist jüngeren Datums.

Los geht s über die Saone Brücke, Richtung Chalon sur Saone. Der Wind ist heute noch um einiges stärker wie gestern. Man fühlt sich wie bei der „Springprozession“ von Echternach: zwei Schritte vor und einer zurück, Heiliger Willibrod erhöre uns, zwei Schritte vor und einer zurück …Mit fünfzehn km/h radeln wir über die Ebene, mehr geht nicht.

Mittagspause in Chalon, hier müssen wir alles festhalten sonst weht s uns den Käse vom Baguette herunter.

Am Nachmittag scheint uns Willibrod erhört zu haben, der Wind dreht auf die Seite und schwächt ab, „Heiliger Willibrod wir danken Dir!“ …  Über kleine Nebenstraßen, durch alte Dörfchen mit wohlklingenden Namen, vorbei an Kuhherden mit schwarzen Hinterteilen, durch Tournus mit seiner alten Abtei, radeln wir nach Macon, suchen uns ein Plätzchen für die Nacht, kochen auf dem Zimmer und lesen hinterher, dass das streng verboten ist.

3. Oktober / km 413

3. Oktober / km 413 / St. Jean sur Losne (F)

Dämmerung an der Saone

Frisch hinein in den Morgen. Die Nacht über hat es geregnet und auch das letzte Staubkorn aus der Luft gewaschen. Es riecht nach Gras und beginnendem Herbst. Die verbliebenen Wolken sind harmlos und bringen keinen Regen mehr.

Das Land wird offen und weit, Wellblechprofil. Der Wind findet an uns einsamen Radfahrern endlich etwas woran er sich abarbeiten kann. Mit einer erstaunlichen Ausdauer bläst er uns fröhlich ins Gesicht. In Gedanken mache ich unserer guten alten Erde den Vorschlag,  nach all den zig Millionen Jahren der Gleichförmigkeit mal einen Richtungswechsel zu wagen und sich anders herum zu drehen… vielleicht nur so lange bis zwei kleine Radfahrer auf ihrer Oberfläche bis Lissabon gekommen sind. Sie wird über meinen Vorschlag nur lachen, ich weiß.

Also kräftig rein treten und eine Rampe nach der anderen bezwingen. Aber worüber beschwere ich mich? Die Luft wird im Laufe des Tages merklich wärmer, die Straßenschilder lassen schon einen Hauch von Süden erahnen, die letzten 30 km waren sogar flach – nur der Wind, auf den ist auch in der Ebene Verlass.

Nun sitzen wir am Ufer der Saone, haben direkt am Fluss ein kleines Häuschen für die Nacht gefunden und schauen zu, wie es langsam dämmrig wird.

2. Oktober / km 293

2. Oktober / km 293 / Jussey (F)

An der Moselle l`est

Nach dem Frühstück erkundigt sich unser Herbergsvater, wo wir denn eigentlich hin wollen. Er ist selbst ein begeisterter Radfahrer und schaut etwas ungläubig drein, als wir von unserem Vorhaben berichten. Na ja weit sind wir ja noch nicht von zuhause weg, muss man noch nicht ernst nehmen…  Er wünscht uns bonne route und warnt vor dem Wind.

Wir verlassen Lunéville mit seiner schönen Altstadt, fahren hinaus ins hügelige Land. Die Bauern fahren ihre Heuballen spazieren, Kühe schauen hinter uns her. Die Wasserspeichertürme sind höher als manche Dorfkirche und irgendwo entdecken wir eine – Bananenpalme! Ups, wie kommt die denn hier her? Friert die nicht oder sind wir doch schon weit?

Teilweise finden wir wunderschöne Wege am Fluß entlang, die Moselle de l´est, begleitet uns eine Weile, der Canal des Vosges bleibt bis hierher ein treuer, wenn auch nicht immer greifbarer Begleiter.  Täglich entnehme ich zur Dokumentation aus den Flüssen Wasserproben ( keine weiteren Kommentare, das ist KUNST ) und werde von Passantinnen mit Dackel gefragt, wie es denn um die Wasserqualität bestellt ist. Das kann ich schlecht beantworten, der Optik nach zu schließen: trinkbar.

Heute Abend müssen wir nicht mehr im Kringel fahren, wir sind genau genommen in Jussey la Gare und das Hotel de la Gare winkt uns schon von weitem heran. Wir werden freundlich aufgenommen und lassen uns heute mal bekochen.

Es war ein wunderbarer Tag, das Wetter ist fantastisch, alles passt, die einzige Spaßbremse ist tatsächlich der Wind, der uns teilweise ganz schön zu schaffen macht. Aber wir sind ja gewarnt – „er kommt immer aus Südwest“ – da wollen wir hin – er wird uns so schnell nicht in den Rücken fallen – darauf können wir uns verlassen… und jetzt gibt s erst mal Futter!

 

1. Oktober / km 148

1. Oktober / km 148 / Lunéville (F)

Route barrée bei Zetting

Das große Abenteuer beginnt mit einem schrillen Wecker. Es ist halb sieben, Dieter geht noch zum Zahnarzt. Gestern Abend ist eine Brücke rausgebrochen, was unbedingt – zu mindest provisorisch – behandelt werden muss. Der Arzt erkennt den „Notfall“ und nimmt ihn schnell an die Reihe. Nun hoffen wir dass sich das Sprichwort bewahrheitet und nicht`s so lange hält wie ein Provisorium…

Wir sind schon unten in der Stadt als wir bemerken, dass ein Deutschland Puschel am Lenker fehlt. Die haben uns schon nach Palermo begleitet – und ohne Puschel? – das geht gar nicht. Also noch mal heim Puschel holen und dann geht s wirklich los.

Vor Zetting bis Wittring ist der Leinpfad gesperrt. Das zwingt uns, ein kleines Stück über die Straße zu fahren und den ersten „unfreiwilligen Anstieg“ zu meistern. Weiter bis Mittersheim und über den Damm zum Stockweiher. Rechts und links nichts wie Wasser, bei diesem Wetter ein Augenschmaus.

Später geht s über die Straße, wir freuen uns, doch noch recht früh in Lunéville einzulaufen. Das war bei km 133, die restlichen 15 sind wir nur im Kreis gefahren, auf der Suche nach einer Unterkunft…grrr.

Nun haben wir ein Dach überm Kopf und freies Internet.

Im Supermarkt lernen wir, dass Bitburger Bier in Schweden als „Starköl“ deklariert wird – wir lassen uns davon aber nicht abschrecken und kaufen es trotzdem … und siehe es schmeckt.

Saarbrücken – Marrakech

Mittwoch, 26. September

Bald, bald schon wird es los gehen. Am Wochenende sind in Saarbrücken die „Tage der Bildenden Kunst“ an denen alle Künstler ihre Ateliers für´s Publikum öffnen. Dieser Termin will noch abgewartet werden. Montag in der Frühe wollen wir aufbrechen. Mit dem Fahrrad. Von hier nach Marrakech. Genauer gesagt nach Agadir, denn von dort aus ist der Rückflug für den 13. November gebucht. Wir sind gespannt, was da in den nächsten Wochen auf uns zu kommt, was wir erleben werden und freuen uns wieder unterwegs zu sein.

Wie vor zwei Jahren als wir nach Palermo fuhren, planen wir einen täglichen Bericht über die Reise zu veröffentlichen.

Drückt uns die Daumen … Auf dass wir am Montag nicht schon in der ganz großen Schiffe starten und dass wir heil in Afrika landen.